(Quedlinburg/ff) Am 01. September 2019 fand die Hölle von Q zum dritten Mal statt. Seinen Namen verdankt dieser Triathlon einer Gasse in Quedlinburg, der Hölle. Sollte man diese Info nicht kennen, könnte man auch meinen, dass der Name vom Streckenprofil her seinen Ursprung hat. Denn auf der 84 Kilometer langen Radstrecke absolviert man 1.400 Höhenmeter – zusätzlich kommen auf der 21,1 Km langen Laufstrecke weitere 240 Höhenmeter hinzu. Also kurzum kein Pipifax sondern höllisch gut und nichts für Zartbesaitete.
Hölle von Q - Special
Für Bianca und mich, Florian, ging es bereits Samstagmittag auf den Weg nach Ditfurt zum Kiessee, denn dort fand die „Hölle von Q – Special“ statt. (Ein Triathlon für geistig behinderte Menschen) Wir hatten Mark Hörstermann (Cheforganisator von der Hölle) unsere Unterstützung zugesichert, und so fanden wir im ganzen Tumult unsere Aufgabe – die Radständer mit Nummern bekleben, damit die 189 gemeldeten Einzelstarter und 75 Staffelradfahrer auch ihren rechtmäßigen Platz finden können. Gar nicht so leicht in der brütenden Hitze die Nummern zu kleben, aber wir sind ja auch in der Hölle. Damit nichts schief geht, übernahmen wir die Aufgabe, die Radfahrer persönlich zu ihren Platz zu bringen. Diese Aufgabe wurde dann durch die 18 Uhr stattfindende Wettkampfbesprechung beendet. Nachdem Briefing ging es zu unserer Unterkunft nach Quedlinburg.
Lasst die Spiele beginnen...
Am nächsten Morgen, also eigentlich noch in der Nacht, denn der Wecker klingelte 4.15 Uhr, frühstückten wir und dann ging es wieder zum Ditfurter Kiesssee. Kurz meine Reifen vom Rennrad aufgepumpt, welches wir über Nacht im bewachten Wechselgarten ließen (mussten), und dann meine Wechselkiste (Schwimmen→ Radfahren) ins Zelt gebracht. Wieso eine Wechselkiste von Nöten ist?! Man hat bei der Hölle von Q zwei voneinander weit entfernte Wechselzonen, eine befindet sich am Ditfurter Kiessee und die andere in Thale beim REWE-Markt. Somit kann man gewiss sein, dass während man schwimmt und Rad fährt, die ehrenamtlichen Helfer auch rotieren, um die Kisten zu sortieren und an die jeweiligen Positionen zu bringen.
Nachdem letzten Check ging es zu Ott´s Garten, um den Transponder registrieren zu lassen, um mit den weiteren 188 Startern am Kiessee zu stehen. Kurz eingeschwommen und die Wassertemperatur gefühlt, der Biopren hält immer noch die Kälte gut ab. Am Ufer brannte eine Feuerschale, die mich kurz daran erinnerte wie kalt es im letzten Jahr bei der zweiten Hölle von Q war. Es ertönte „Hell´s bells“ von ACDC und diesmal stand nicht ein ukrainischer Schwergewichtsboxer im Fokus sondern wir Athleten. Es wurde ruhig im Starterfeld und alle fokussierten sich auf den Start – ich kann nicht einmal mehr sagen, ob es ein Startkommando gab oder einen Startschuss, so aufgeregt war ich. Jedenfalls ging es los, das riesige Starterfeld zog sich schlagend zum ersten „Hindernis“ ein Bojentor, welches dafür sorgte, dass es kurz nur zäh weiterging. Danach wurde es entspannter und ich suchte immer wieder Schwimmschatten und kam nach circa 39 Minuten aus dem Wasser und lief zum Umziehen ins Zelt. Leider war ich zu schlecht geschwommen, um einen der begehrten Sitzplätze im Zelt zu erhaschen, weshalb der Wechsel auch länger dauerte. Scheinbar zu lange für einen Staffelradfahrer, so guckte Christian Huth (USC Magdeburg) kurz ins Zelt und erinnerte mich daran, dass das kein Picknick sei. Lachend schnappte ich mir meine Kiste und rannte zum Rad, denn nun sollte die Höllenfahrt beginnen.
Höllenfahrt: 84 Kilometer und 1.400 Höhenmeter
Entlang des grünen Teppichs – the green Mile- ging es bis zur Aufstiegslinie, wo Bianca stand. Kurz dahinter stand dann meine Mama und noch ein wenig später Mark Hörstermann, welcher mir zurief: „Und dieses Mal möchte ich dich weiter vorn sehen!“. Das motivierte mich auch ungemein, auch wenn ich kurz innerlich darüber nachdachte, dass ich im Vergleich zum Vorjahr gute 8 Kilogramm mehr auf den Rippen habe. Egal, durchkämpfen und alles geben.
Die ersten 40 Kilometer lassen sich ohne große Mühen locker abstrampeln, auch wenn die eine oder andere Erhöhung dafür sorgen, dass man aus seinen gewohnten Tritt kommt. Aber dann, ja dann kommt die erste Herausforderung: die Roßtrappe hochklettern, wo die verfolgte Königstochter Brunhilde vor dem Ritter Bodo von Böhmen floh und ihr weißes Ross sie mit einem kühnen Sprung vor ihrer Zwangsheirat bewahrte. Wahrscheinlich nicht ganz so schnell wie Brunhildes weißes Ross, aber wahrscheinlich genauso entschlossen fuhr ich mit anderen Sportlern den steilen Anstieg hinauf. Und nun folgte wohl der Part, bei welchen man vollkommen konzentriert sein musste, die Abfahrt der Roßtrappe. Denn diese Huckelpiste hat es in sich, man donnert dort herunter und nunja, der Asphalt überzieht die ursprüngliche Kopfsteinpflasterstraße nicht ganz gleichmäßig. Also lieber einmal mehr bremsen, anstatt die Böschung herunterzustürzen.
Dann brettert man beherzt durch den Friedenspark, in welchen stellenweise Hufeisen ins Pflaster eingebettet sind. Und dann ging es schon in die Rudolph-Breitscheid-Straße, das Stimmungsnest schlecht hin auf der Radstrecke. Und weil es dort schon leicht bergauf geht, kann man die Stimmung ganz besonders lange genießen und muss diese umso besser abspeichern, denn danach folgt der Anstieg zum Hexentanzplatz, welcher sehr steil (Steigungen mit 14%) und dadurch ziemlich intensiv und lang wirkt. Während man dort so mit knappen 10 km/h hochklettert, kommen einen bereits die schnelleren Radfahrer entgegengedonnert, was sie nun noch schneller wirken lässt.
Aber irgendwann ist man dann auch selbst oben auf der Wende und kann die „verlorene“ Zeit nachholen und selbst runterdüsen. Unten in Thale dann eine kleine Wendeschleife fahren und weil es so schön war, noch einmal hoch zum Hexentanzplatz. Oben angekommen, bedankte ich mich bei den Helfern mit den Worten: „Weil es so schön war mit euch, bin ich hier extra nochmal hochgekommen!“. Dies führte zu lachenden Gesichtern und ich vernahm: „Hat uns auch Spaß gemacht, bis zum nächsten Jahr!“.
Ans nächste Jahr wollte ich da noch gar nicht denken, denn nachdem man noch einmal durchs Stimmungsnest fuhr und den „rettenden“ Parkplatz in Thale erreichte, auf welchen Bianca mir meinen Stellplatz zeigte und einen Kuss dafür bekam, ging es direkt zur nächsten Herausforderung: die Halbmarathonlaufstrecke.
Der höllische Halbmarathon
Zu Beginn muss man durch die Gassen von Thale entlang laufen, bis man nach der Mühlenbergstraße Thale hinter sich lässt. Vorher lief ich noch an Sylvia Plaschil vorbei, die Lebensgefährtin von Mark Hörstermann, und bat sie darum, die Heizung auszustellen, da es mittlerweile sehr heiß geworden ist, da wir schönsten Sonnenschein hatten. Sie rief mir so etwas zu, wie „so ist es nun einmal in der Hölle!“, den genauen Wortlaut kann ich leider nicht wiedergeben, da ich dort bereits platt war.
Na ist es euch aufgefallen? Ja, schon wieder ein „Berg“, und zugegeben, man wird auf der gesamten Laufstrecke auch wieder 240 Höhenmeter bewältigen. Das ist aber nicht die einzige höllische Eigenschaft der Laufstrecke. Ein Großteil der Strecke, welche durch Naturschutzgebiet verläuft und somit landschaftlich sehr imposant ist, sind Wege übersät mit Schottersteinen, welche man nach der bisherigen Anstrengung nun deutlicher spürt als sonst. Irgendwann kam ich dann wirklich zum Mühlenberg, also hoch da und den Verpflegungsstand voll ausnutzen.
Nach einigen Windungen kommt man an der Teufelsmauer vorbei – eine imposante Felsformation, die man gesehen haben muss! Nennenswert ist noch das Stimmungsnest „Marienhof“, wo jeder Athlet mit Namen gefeiert wird, als ob er gerade die Hölle gewonnen hat. Dazu stehen extra Leute mit Walkietalkie bereit und checken die Startnummer, Respekt hierfür! Nach langen und qualvollen weiteren Kilometern erreicht man dann das „rettende“ Quedlinburg, hier wartet noch der Schloßberg auf die schon völlig ausgelaugten Sportler. Gefühlt kriechend mit schmerzverzehrten Gesicht erklomm ich zusammen mit Andre, der aus Lüneburg angereist war, diese letzte Erhebung, um dann den letzten Kilometer in Angriff zu nehmen. Nach 6:18:57 h kam ich auf den Marktplatz in Quedlinburg an, was für eine geniale Mitteldistanz! Und immerhin knappe 10 Minuten schneller als letztes Jahr.
"If you´re going through hell, keep going" - Winston Churchill
An dieser Stelle möchte ich mich bei meinen beiden Begleiterinnen, Bianca Kaczmarek und Antje Frommhagen, bedanken, die dafür sorgten, dass ich mich stets nie im Stressfluss befand, egal wie verfahren die verschiedensten Situationen waren. Danke!
Und nun halte ich es wie mein Sponsor Mark Hörstermann auf der Webseite seiner Kommunikationsberatung „projekt-vorfreude“: Wichtigste Erfahrung: wenn man allein in die Hölle müsste, wäre man verloren und ginge kaputt. Erst die vielen Helfer und Zuschauer ermöglichen es, dass man unbeschadet durch die Hölle kommt.
Und die letzten Zeilen widme ich den unzähligen Helfern und Zuschauern, welche dafür gesorgt haben, dass die Hölle von Q wieder ein absolutes Highlight wurden. Und an die Helfer, oben am Hexentanzplatz, wir sehen uns nächstes Jahr!
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